Château Royal eröffnet: Wird das Berlins schönstes Hotel?

2022-10-10 11:55:02 By : Ms. Amanda Feng

Die Kunst, das Interieur, die Attitüde: Wie im legendären Grill Royal zeigt sich Berlin auch im Hotel Château Royal von seiner besten Seite. Ein Besuch.

Wer freitags ins Grill Royal geht, kann viel über Berlin lernen. Wie in der Stadt moderner Luxus definiert wird, zum Beispiel. Oder wo sich die Berliner Boheme am liebsten zu ausschweifenden Abenden trifft; was sie von der Karte wählt, worüber sie spricht. Und vor allem: Dass selbst das beste Restaurant nur eine schicke Verlängerung der Stadt sein kann, in der es steht.

Denn es gibt sie zwar auch anderswo, die dekadenten Dinner-Places, die sich konzeptionell zwischen bester Nobel-Gastronomie und frivolem Szene-Laden bewegen. Das Münchner Tantris zum Beispiel, seit Neuestem auch The Paradise Now in Düsseldorf. Küche und Service sind sehr gut, die Ausstattungen wunderbar. Aber das Publikum? Das Publikum!

Freitags im Grill Royal zeigt es sich so, wie es sich eben nur in Berlin zeigen kann. Der akkurat geschnittene Anzug wird mit der gleichen Selbstverständlichkeit getragen, wie ein paar Tische weiter die Gucci-Jogginghose; eine hochpotente Mischung aus Kunst, Kultur und Business, Hollywood-Stars und Leuten, die sich das Wagyu Entrecôte auf ihren Tellern eigentlich nicht leisten können. Nun wird es spannend, zu sehen, wie sich diese Atmosphäre auf ein ganzes Hotel übertragen lässt.

Zwar ist das Château Royal eben kein simpler Ableger des Grill Royal; es ist ein eigenes, neues Haus mit einem eigenen, neuen Team. Zu den Hoteleigentümern gehören allerdings Gastro-König Stephan Landwehr, der auch den Grill mitgründete, und Moritz Estermann, der früher im Restaurant und jetzt im Hotel als Geschäftsführer fungiert. Hinzu kommt Victoria Eliasdóttir, die ihr legendäres Restaurant Dóttir nach fünfjähriger Schließung unten im Château wiederbelebt; die Kreativdirektion des Hotels hat Celia Solf übernommen.

Aktuell wird das Hotel in der Mittelstraße 41 „sanft eröffnet“: Das Haus ist noch nicht komplett fertig, die ersten Zimmer werden aber schon vermietet; das große Frühstück lässt noch auf sich warten, dafür gibt’s abends im eleganten Bar-Bereich bereits Eliasdóttirs Schalentier-Bisque und Rinder-Tatar mit Austernmayonnaise; ein „Soft Opening“, das schon vor Beendigung der Rundum-Renovierung vom Konzept eines charakterstarken Boutique-Hotel überzeugen soll. Und tatsächlich scheint es, als hätten die Macherinnen und Macher des Château Royal schon jetzt einiges richtig gemacht.

Dort hat man nämlich erkannt, wie stilbildend die eigene, die Berliner Identität sein kann. Den ewigalbernen Vergleich mit anderen Metropolen, wie er in Berlin viel zu oft bemüht wird, scheint hier niemand ziehen zu wollen. New Yorker Coolness? Pariser Chic? Hat man im Château Royal nicht nötig. Stattdessen ist das Hotel vom Scheitel bis zur Sohle auf Heimatliebe eingestellt – vom Wetterhahn des Berliner Künstlers Cyprien Gaillard, der draußen auf dem Kuppeltürmchen thront, bis zum dunklen Gussasphalt in den Hotelfluren, der im Volksmund schönmalerisch „Berliner Terrazzo“ heißt.

Überhaupt sollen die fürs Berliner Selbstverständnis prägendsten Epochen die Gestaltung des Hotels bestimmen: Innenarchitektin Irina Kromayer und ihr Team haben die Gründerzeit der Stadt, die Mitte des 19. Jahrhunderts, aber auch die 1920er-Jahre in den Fokus genommen. Das passt schon zum dreiteiligen Gebäude-Ensemble des Hotels, das aus zwei denkmalgeschützten Häusern – eines 1850, das andere 1910 erbaut – und einem von David Chipperfield entworfenen Neubau sowie Dachaufbau besteht.

Drinnen zieht sich das Berlin-Thema dann wirklich bis in die letzte Bettritze. Bunt glasierte Fliesen erinnern an die historischen U-Bahnhöfe der Stadt, der Kamin erstrahlt im berühmten „Schinkelblau“, farbintensive Dallglas-Elemente in Lobby und Bar könnten einer Charlottenburger Beletage entnommen sein. Ohnehin wähnt man sich im Château mitunter eher in einer Westberliner Altbau-Wohnung als in einem neu eröffneten Boutique-Hotel – „heimelig“ wäre wohl zu viel gesagt, „einladend“ trifft’s aber aufs Beste.

Möbelkataloge hat Kromayer indes gar nicht erst angerührt: Im Wesentlichen wurde das Hotel-Mobiliar eigens fürs Château entworfen und hergestellt, zu einem guten Teil von Berliner Firmen natürlich. Die Deckenlampen in den Zimmern zum Beispiel entsprechen zwar dem Stil des Architekten Josef Hoffmann, der die Wiener Werkstätten mitgründete, wurden aber von einer Kreuzberger Leuchtenmanufaktur hergestellt; die Teetabletts kommen von New Tendency in Mitte.

Sie liegen in den Gästezimmern, die von überschaubaren 19 Quadratmetern bis zum großzügigen Apartment in sechs verschiedenen Kategorien zu buchen sind, auf eichenhölzernen Einbauten bereit. Diese wiederum rahmen Eingangsbereiche und Badezimmer, sollen an die Einbauschränke und Kammern des klassischen Berliner Altbaus erinnern. Gemeinsam mit den von Irina Kromayer entworfenen Betten – Stil der Jahrhundertwende, Kopfteil mit Wiener Geflecht – und den Mohair-Polstermöbeln in tiefen Tönen sollen sie die Gästezimmer des Hotels gestalterisch klammern.

Denn ansonsten ist es die vielseitige Kunst, die schon den Grill, jetzt auch das Château beherrscht: Jedes der 93 Zimmer wurde von einer anderen Künstlerin oder einem anderen Künstler gestaltet, teilweise mit eigens dafür geschaffener Kunst, darunter nicht nur, aber auch viele Berlinerinnen und Berliner. In der Nummer 211 zum Beispiel hängt eine großformatige Unterwasserszene Marianna Simnetts an der Wand. Das Seepferdchen auf der einen Seite des Diptychons überwindet Bildrand und Rahmen, neigt sich für ein Küsschen zum anderen Gemälde, zu einem zweiten Seepferdchen herein.

Die Auswahl der Kunst im Château Royal, für die die ehemalige Galeristin Kirsten Landwehr als künstlerische Leiterin verantwortlich zeichnete und der Direktor des KW, Krist Gruijthuijsen, in beratender Funktion tätig wurde, lässt auch Raum für den humoristischen Moment. In einem Gästezimmer steht ein zusammenfaltbarer Popart-Pappstuhl von Simon Denny zwischen den schicken Polstermöbeln, hängt ein anderer an der Wand. Und in der 207 wird glaubhaft gemacht, das Kunstwerk würde gerade fehlen: Auf einem an der Wand angebrachten Marmorregal liegt bloß ein Kärtchen. „Temporarily removed“ steht darauf, als befinde man sich hier im klassischen Museumsbetrieb, „vorübergehend entfernt“, ein Werk der Berliner Bildhauerin Anna Blessmann und des Grafikdesigners Peter Saville.

Und dann wäre da noch Alicja Kwades „Selbstportrait als Geist“, eine Skulptur, die vor dem Hotel an der Straßenecke steht. Die Künstlerin ist als sie selbst nicht zu erkennen, wird sie doch von den festen Falten eines bronzenen Tuchs verhüllt. Wie ein unverwüstliches Gespenst steht sie auf dem Asphalt und begrüßt die Gäste, die sich bald als typische Berliner Mischung zeigen soll.

Denn wer nicht als Gast in den Hotelbetten liegt, vergnügt sich eben als Einheimischer an der Bar, im Restaurant oder Kaminzimmer. Das Hotel richtet sich bewusst an Gäste wie an Berlinerinnen und Berliner gleichermaßen. Wer also freitags ins Château Royal geht, wird viel über unsere Stadt lernen können.

Château Royal in der Mittelstraße 41 in Mitte. Es gibt sechs verschiedene Zimmer-Kategorien, die sich über die Webseite des Hotels buchen lassen, die Preise starten bei 195 Euro pro Nacht. Das Restaurant Dóttir ist aktuell von Donnerstag bis Samstag ab 18 Uhr geöffnet.