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Herausgegeben von Gerald Braunberger, Jürgen Kaube, Carsten Knop, Berthold Kohler
Heft in der Hand: Gruppenbild mit Azubis in der Bar des Hotels Bild: Wonge Bergmann
Kurzarbeit gibt es auch in Hotels, nur nicht für Auszubildende. Sie lernen ihren Betrieb während der Corona-Krise von einer anderen Seite kennen, im Kempinski in Gravenbruch etwa.
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W eiße Säulen säumen den Weg ins Foyer, in dem ein meterhoher Brunnen aus dunklem Marmor steht. Die Wände sind holzgetäfelt, von der Decke herab glitzert das Licht aus einem mächtigen Kronleuchter. Kurz vor neun Uhr morgens im Hotel Kempinski in Gravenbruch. Fünf Sterne, 225 Zimmer, keine Gäste. Die Rezeption ist nicht besetzt.
„Wann, glaubt ihr, machen Hotels wieder auf?“ Im Ballsaal spricht Karina Ansos, Generaldirektorin des Hauses, zu einer Gruppe junger Leute in Jeans, Kapuzenpullovern und Turnschuhen. Rund 20 Leute sind an diesem Tag da, die meisten sind Auszubildende. Das Hotel, eine Gebäudekomplex mit weitläufiger Anlage und einem eigenen kleinen See vor den Toren Frankfurts, darf wie alle anderen Hotels derzeit keine Privatreisenden beherbergen. Die Terrassen und Zimmer, die Sauna und der Pool, die Ruhe- und Massageräume stehen leer, oder vielmehr: Eigentlich stünden sie leer, doch momentan dürfen die Auszubildenden, und nicht nur sie, alle Bereiche nutzen. „Das war meine Art, danke für die harte Arbeit zu sagen“, sagt Karina Ansos.
Und an Arbeit fehlt es nicht. Die Azubis, die gerade in ihren eigentlichen Lern- und Tätigkeitsfeldern wenig bis nichts zu tun haben, bekommen neue Aufgaben. Reinigungskräfte externer Firmen zum Beispiel, die bis vor einigen Wochen noch im Hotel arbeiteten, kommen nicht mehr. Und so hält jetzt ein neugebildetes Housekeeping-Team um Dagmar Kuhn das Haus in Schuss, lernt die Maschinen zu bedienen, mit denen Böden poliert werden, wäscht Türen ab, mäht Rasen. Und lernt das riesige Hotelgelände kennen. „Vorhin habe ich einen Raum aufgeräumt, von dem ich davor nicht wusste, dass es ihn gibt“, erzählt eine Auszubildende, dabei sei sie schon seit zwei Jahren im Kempinski-Team.
Simeon Kraeft, 27 Jahre alt, ausgebildeter Hotelfachmann, arbeitet normalerweise an der Rezeption, intern „Front Office“ genannt. Gäste kann er dieser Tage weder ein- noch auschecken. Wie alle Mitarbeiter außer den Auszubildenden ist er in Kurzarbeit, arbeitet momentan nur acht Stunden in der Woche. Dennoch ist er rund um die Uhr im Hotel.
Seit mittlerweile sieben Wochen wohnt Kraeft in einem der „Grand Deluxe“-Zimmer mit Blick auf den hauseigenen See. Morgens trinkt er den ersten Kaffee des Tages auf einer der vielen Terrassen auf dem Hotelgelände. Im Hintergrund ist stets das Plätschern der Fontäne inmitten des Sees zu hören. Kraeft macht derzeit eine Weiterbildung, für die er eine Menge lernt. Sitzen die meisten Studenten derzeit in ihren Zimmern vor dem Schreibtisch, setzt sich Kraeft in den „Relax“-Bereich im Hotel-Spa. Wenn er seine Bücher zuklappt, geht er ein paar Stufen hoch und steht vor dem warmen, blubbernden Pool. An der Decke über dem Becken gehen abends Lichter an. „Dann sieht es aus wie unter dem Sternenhimmel“, sagt Kraeft.
Den Arbeitsplatz nutzen, wie es sonst die tun, für die man arbeitet: Was bringt so ein Perspektivwechsel? Er lerne die Angebote des Hotels noch mehr zu schätzen, sagt Kraeft, was sie den Gästen offerierten, aber auch den Mitarbeitern. Eine Auszubildende spricht von der Arbeit hinter den Kulissen und dem veränderten Blick auf die Ausstattung des Hauses. Marmor, Gold, Samt: „Als ich zum Vorstellungsgespräch gekommen bin, war ich total überwältigt.“ Nach einigen Wochen im Dienst sehe man das Pompöse dann als Produkt, an dem man arbeite. Jetzt erst könne man dieses Produkt in Gänze erfassen – und auch mal genießen. „Wenn Gäste da wären, könnte ich ja schlecht in den Pool springen.“ Schwierigkeiten dabei, aus der Rolle von Quasi-Gästen wieder in die der dienstleistenden Angestellten zu finden, erwarten die Azubis nicht, auch Kraeft tut das nicht. Dazu werde auch gar keine Zeit sein, wenn wieder Normalbetrieb herrsche, heißt es.
Vorbereitung auf andere Zeiten üben die Azubis mit einem kleinen Projekt, das ein bisschen Gästekontakt mit sich bringt, mit Masken und gebotenem Abstand: Jeden Mittag wird vor dem Hotel ein Außer-Haus-Verkauf von Eis und neuerdings auch Currywurst eröffnet. Weil die Hotelvorfahrt viel Platz bietet, funktioniert die Essensabgabe als Drive-in, mit ordentlicher Resonanz.
In Vor-Corona-Zeiten stellten Reisende aus Asien, unter ihnen viele Chinesen, einen erheblichen Anteil der Kempinski-Kundschaft. Ob das bald wieder so sein wird, ist noch nicht absehbar, dass vieles anders sein wird als früher, wenn das Hotel wieder offen ist, schon. Offene Buffets wie beim Sonntagsbrunch zum Beispiel wird es in den nächsten Monaten wohl nicht mehr geben. Beim morgendlichen Ideenaustausch mit Karina Ansos schlagen die Auszubildenden vor, eine kleine Auswahl an Speisen direkt an die Tische zu bringen, anstatt ein Buffet aufzubauen. Für Willkommensgrüße auf den Zimmern – soll es weiterhin Obst sein und Schokolade? – schlägt die Chefin etwas vor. „Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, stattdessen Desinfektionsmittel und Mund-Nasen-Schutzmasken bereitzustellen“, sagt Ansos. Am Ende wird es vielleicht beides werden.
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